Ich möchte mal meine Erfahrung mit einem manuellen Steuerkettenspanner mitteilen. Um keinen neuen Thread zu eröffnen, hänge ich mich hier an. Viel Text, um es gleich zu sagen, wer sich technisch nicht interessiert, langweilt sich beim Lesen.
Mein Motorrad hat 25.000 km gelaufen, ich habe original den hydraulischen Steuerkettenspanner verbaut. Die Steuerkette hat nach dem Kaltstart sekundenlang absolut nervtötend gerattert – damit kann ich nicht leben, auch wenn man hört, dass das dauerhaft zu keinem Schaden führen soll.
Es ist so, dass der Abstand von Raste zu Raste des Steuerkettenspanners 2 mm ist. Das bedeutet, dass der Öldruck diesen Abstand von bis zu 2 mm ausgleicht… wenn dann über 2mm Abstand zur Steuerkette ist, erst dann… klick, springt der Spanner eine Raste weiter. Das bedeutet, dass die Steuerkette so lange ein Spiel von bis zu 2 mm hat, bis der Öldruck aufgebaut ist.
Nun kann ich den hydraulischen Steuerkettenspanner nicht einfach überlisten, indem ich ihn mit dem Schraubendreher in die nächste Raste drücke (wie bei den früheren Modellen).
Was kann man also tun: Neuen Steuerkettenspanner einbauen, da ist dann so lange Ruhe, bis der Abstand zur nächsten Raste wieder größer wird. Ich behaupte mal, da ist kein technischer Fehler an diesen Steuerkettenspannern, die werden scheinbar sehr oft und das auch mehrfach gewechselt… immer wieder stellt sich das Ratterproblem irgendwann wieder ein. Deswegen könnte ich auch den alten Spanner ausbauen, zurückstellen, Motordeckel rechts ab, nach links drehen, dann nach rechts… sehr aufwendig und das Rattern fängt dann auch irgendwann wieder an. Ich kann auch gleich die Steuerkette wechseln, egal ob der alte oder neue Steuerkettenspanner montiert wird – es ist eine Weile Ruhe, dann fängt das Rattern beim Kaltstart wieder an.
Deswegen habe ich einen manuellen Steuerkettenspanner verbaut. Fazit: Das Rattern beim Kaltstart ist komplett weg!!! Das ist es, was ich wollte. Nun möchte ich aber kein Teil, bei dem ich jedes Mal den Motordeckel abschrauben muss, geschweige denn den Ventildeckel um den Spanner nachzustellen.
Hier meine Erfahrungen:
Die Grundplatte des Original-Spanner hat 8 mm Dicke – Schrauben 25 mm
Die Grundplatte meines manuellen Spanner 12 mm Dicke – Schrauben 30 mm sind erforderlich!
Ich habe die Kurbelwelle des Motor auf Markierung gedreht. Nun habe ich die Spannschiene mit einer Nuss blockiert und zusätzlich noch einen Kabelbinder um die Kette gesetzt. Original Steuerkettenspanner ausgebaut und mit der Schiebelehre den Abstand von der Montagefläche des Spanner bis zur Steuerkette gemessen: Maß Steuerkettenspanner ausgefahren bei meinem Motorrad 57,3 mm.
Also habe ich den neuen Spanner schon einmal auf dieses Maß voreingestellt und dann montiert. Nun habe ich noch einmal mit der Hand nachjustiert, so dass der Spanner an der Schiene mit „Schnüffelspiel“ gerade so anliegt. Nuss und Kabelbinder demontiert.
Nun kommt der interessante Teil, weswegen ich das hier alles verfasse: Die Frage nach dem WARUM!
Laut Montage-Anleitung meines Spanners, und auch im Internet begegnet man dieser Vorgehensweise mehrfach, man soll folgendermaßen justieren:
Man dreht die Kurbelwelle in Laufrichtung rechts und es kommen dann mehrfach Phasen, in denen die Spannschiene sich entspannt und der Spanner weiter eingedreht werden kann. Ja, so ist das. Wenn man das macht, dann kann man die Spannschraube genau eine halbe Umdrehung!!! weiter eindrehen, als vorher ohne zu drehen. Wenn ich nun die vorgeschlagenen 1/8 bis 1/4 Umdrehungen zurück drehe um (vermeintlich) leichtes Spiel zu geben, dann:
Fängt es nach genau 2 Kilometern an nach verbranntem Plastik zu riechen, weil die Kette zu stark gespannt ist und schleift. Das passiert also genau in dem Moment, in dem der Motor anfängt Betriebstemperatur zu bekommen. Auf Probefahrt habe ich immer Werkzeug dabei und habe sofort ½ Umdrehung entspannt.
Das bedeutet nach meiner Erfahrung: Wenn man nach diesem „Schema F“ mit der Drehung der Kurbelwelle vorgeht, dann ist die Spannung genau ½ Umdrehung zu fest.
Um die absolute Bestätigung zu bekommen, habe ich den Motor auf Probefahrt ca. 10 x gestoppt um dann immer wieder den Anschlag des Spanners zu erfühlen, ganz egal, an welcher Kurbelwellenposition der Motor stehen bleibt. Das hat meinen Eindruck bestätigt, dass die Einstellung mit Kurbelwellendrehung definitiv zu fest wird.
Damit ich die Position des Spanners sehe, habe ich eine Kerbe eingeschliffen und gehe nach „Uhrzeit“ vor. Die Rasten des Originalspanners haben 2 mm, eine Umdrehung des manuellen Spanners ist 1,5 mm (entspricht der Gewindesteigung 1.5). Das bedeutet, ¼ Umdrehung ist auf der „Uhrzeitskala“ 3 Stunden, 1/8 Umdrehung bedeutet 1,5 Stunden. Zwischen perfekt und absolut zu stramm gespannt liegt nach meiner Erfahrung ½ Umdrehung = 0,75 mm
Und zwischen noch ganz leichtem Rattern während der Fahrt und absoluter Ruhe liegt 1/8 Umdrehung = 0,2 mm. Unglaublich.
Und jetzt frage ich mich: Alles Quatsch, was im Internet über die Justierung steht? Wird Unsinn vielfach kopiert so wie bei Kochrezepten, bei denen Mengen und Garzeiten völlig daneben liegen, weil kein Mensch es selbst ausprobiert hat?
Was passiert da genau, wenn ich die Schraube nach Anleitung an dem Maximalpunkt fixiere, der sich nach Umdrehung der Kurbelwelle ergibt? Und warum ist dann genau das viel zu stramm? Für mich ist das theoretisch interessant, praktisch mache ich das so definitiv nicht mehr.
Aber natürlich sind das meine Erfahrungen, das muss weder richtig, noch der "Weisheit letzter Schluss" sein. Nachmachen also auf eigene Gefahr!
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